Die seit Jahren tiefen Kapitalmarktzinsen führen zu immer tieferen Renditeerwartungen der Schweizer Pensionskassen. Gleichzeitig folgen die angewandten technischen Zinssätze zur Bewertung der Rentendeckungskapitalien diesem Trend und nagen an den aktuell zumeist erfreulichen Deckungsgraden der Kassen. Die stetig steigende Lebenserwartung verstärkt diese Konstellation.
Folgerichtig haben sich die Stiftungsräte – zumindest in Kassen mit umhüllenden Leistungen – schweren Herzens zur Senkung der Umwandlungssätze durchgerungen. Ohne flankierende Massnahmen hat die Anwendung eines tieferen Umwandlungssatzes eine kleinere Altersrente zur Folge. Über die letzten zehn Jahre führte die Senkung der Umwandlungssätze von durchschnittlich 6.8 auf 5.9 Prozent1 zu einer um gut 13 Prozent tieferen Rente.
Vorsorgetechnische Verlierer
Damit haben die jüngsten Rentner gegenüber ihren älteren Kollegen dauerhaft das Nachsehen. Es resultiert eine Generation von vorsorgetechnischen Verlierern: Aufgrund der aktuell tiefen Zinsen werden einzelne Pensionierungsjahrgänge geschaffen, die in ihrer Zeit als aktive Versicherte die Transfers an bestehende Rentner mitfinanziert haben. Selber werden sie mit Renten zu vergleichsweise tiefen Umwandlungssätzen zusätzlich abgestraft. Gleichzeitig werden sie einen Tag nach ihrer Pensionierung pauschal mit jenen Rentnern verglichen, die vor der Finanzkrise – nach dem Genuss hoher Verzinsungen und einem gemessen an der Lebenserwartung überrissenen Umwandlungssatz – in Rente gingen. «Es stellt sich deshalb die Frage der fairen Verteilung zwischen den Rentnergenerationen», wie dies die BVK auf ihrer Website schreibt.
Kohortenrechnung
Die Pensionskassen führen in ihren Beständen Altersrenten, die zu massiv unterschiedlichen Umwandlungssätzen berechnet wurden. Eine blosse Betrachtung der Umverteilung zwischen Aktiven und Rentnern greift somit zu kurz. In vielen Stiftungsräten macht sich Unbehagen breit und die Frage nach einer differenzierten Betrachtung der Rentnerbestände taucht auf.
Einzelne Kassen haben bereits vor Jahren reagiert und Modelle eingeführt, die gemäss Roger Baumann (c-alm) eine Abkehr vom Giesskannenprinzip bei der Verteilung freier Mittel an Rentner vorsehen: Die Rentenbestände werden je nach Pensionierungszeitpunkt in Kohorten eingeteilt. Auf diese Weise wird in Abhängigkeit des bei Pensionierung angewandten Umwandlungssatzes eine gerechtere Teilhabe am Anlageertrag möglich gemacht.
Grundsätzlich orientieren sich die Modelle am Zinsversprechen, das zum Zeitpunkt der Pensionierung im Umwandlungssatz eingerechnet ist. Es widerspiegelt die erwartete Rendite auf der Vermögensanlage über eine versicherungsmathematisch korrekt festgelegte Lebenserwartung. In den Worten von Christian Heiniger (Willis Towers Watson) sollte dieses Versprechen «eigentlich so ausgestaltet sein, dass später keine Subventionierung der Rente notwendig ist».2 Eine jährliche Überprüfung gibt Aufschluss, ob die erzielten Anlageerträge das implizite Zinsversprechen erfüllt haben oder ob ein Pensionierungs-jahrgang noch etwas zugute hätte.
Jene Rentenbezüger, die im gleichen Kalenderjahr ihre erste Rente bezogen haben, bilden eine Rentnerkohorte. Im jährlichen Vergleich der Ansprüche werden folgende Parameter überprüft:
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der reglementarische Umwandlungssatz im Pensionierungsjahrgang;
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das theoretisch berechnete Zinsversprechen, das dem jeweiligen Umwandlungssatz entspricht;
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seit der Pensionierung gewährte, freiwillige Rentenerhöhungen;
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die in der Periode effektiv erzielten Jahresrenditen;
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die jährlich gewährte Verzinsung der Sparkapitalien der Aktiven in den letzten 10 bis 15 Jahren vor der Pensionierung.
Rentenbonus
Es können sich erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Pensionierungsjahrgängen zeigen. Ergibt sich für einen Pensionierungsjahrgang, dass er gegenüber den aktiven Versicherten nach diesen Kriterien Aufholbedarf hat, qualifiziert er sich grundsätzlich für eine zusätzliche Leistung. Ergibt sich, dass der Pensionierungsjahrgang gegenüber der effektiv erzielten Performance im Vorteil ist, qualifiziert er sich im jeweiligen Zeitpunkt nicht für eine Zusatzleistung.
Der Rentenbonus wird in diesem Beteiligungsmodell beispielsweise in Form einer Einmalzahlung, basierend auf dem aktuellen Deckungskapital, ausgerichtet. Es findet kein direkter Teuerungsausgleich mittels lebenslänglicher Rentenerhöhung, sondern ein «Auffüllen der Ansprüche» statt. Alle berücksichtigten Jahrgänge erhalten prozentual den gleichen Bonus. Dabei empfiehlt es sich, die Höhe des zur Anwendung gelangenden Rentenbonus tabellarisch festzuhalten. Sinnvoll ist eine Beteiligung der Rentner im Gleichschritt mit der Verzinsung der Guthaben der Aktiven, beispielsweise «Verzinsung der Aktiven – Zinsversprechen an die Rentner = Rentenbonus». Für die Höhe des Bonus sind beispielsweise der Deckungsgrad, die erzielte Performance oder eine fixe, angestrebte Realzinsentwicklung – in Anlehnung an das Leistungsprimat – naheliegende Messgrössen.
Grundsätzlich werden solche Leistungsverbesserungen an Rentner nur mit freien Mitteln ausgerichtet. Das Modell kann seine Wirkung somit nur in finanziell sehr solid aufgestellten Pensionskassen entfalten.
Unterschiedliche Zielsetzungen
Während bei Konzepten mit variablen Renten meist das De-Risking, also die Übertragung von Risiken an die Rentner, eine wesentliche Rolle spielt, kann die Motivation für die Einführung der Kohortenrechnung unterschiedlicher Natur sein. Für die eine Vorsorgeeinrichtung steht das Erreichen des aufgrund der gesunkenen Umwandlungssätze zunehmend gefährdeten Leistungsziels für alle Destinatäre im Vordergrund, eine andere Kasse möchte eine gerechte Verteilung der Vermögenserträge erzielen, die dritte vor allem unerwünschte Solidaritäten innerhalb der Rentnerbestände abbauen.
Rentenbezug wieder attraktiver machen
Die Einführung eines derartigen, differenzierten Beteiligungsmodells für Rentner benötigt zur Akzeptanz eine sorgfältige Kommunikation. Dies gilt auch dann, wenn der aktuelle Deckungsgrad die Anwendung des Modells bis auf weiteres nicht erlaubt.
Sofern die vor der Pensionierung stehenden Destinatäre vom Modell überzeugt werden können, wird für sie der Rentenbezug auch bei den aktuell tieferen Umwandlungssätzen wieder in einem attraktiveren Licht erscheinen.