18 März 2021

Ein Jahr Homeoffice: Interview mit Patrick Mollet von Great Place to Work und Michel Wiederkehr der Trianon AG

Seit mittlerweile einem Jahr müssen zahlreiche Unternehmen ihrer Geschäftstätigkeit von zu Hause aus nachgehen. Diese neue Arbeitsweise bringt gewisse Herausforderungen mit sich. Mit unserem Corporate Services Director Michel Wiederkehr und dem Experten Patrick Mollet von Great Place to Work lassen wir das letzte Jahr Revue passieren und sprechen über Best Practices für eine weiterhin lebendige Unternehmenskultur. 
 

Patrick Mollet, Sie sind Mitinhaber von Great Place to Work Switzerland, den Experten für Arbeitsplatzkultur. Seit bald 20 Jahren unterstützen Sie Unternehmen dabei, passende Talente zu finden. Neben Employer Branding interessieren Sie sich vor allem, wie die Arbeitswelt der Zukunft aussieht. Wir möchten Ihnen daher ein paar Fragen stellen.

Herr Mollet, beschreiben Sie bitte die Mission von Great Place to Work?

Als Experten für Arbeitsplatzkultur begleiten wir Organisationen bei der Entwicklung einer hervorragenden Arbeitsplatzkultur, in der alle Mitarbeitenden ihr volles Potential entfalten können und die Organisation damit ihre Innovationskraft und Wertschöpfung steigern kann.

Was denken Sie, ist die grösste Herausforderung für Unternehmen, die hauptsächlich im Home-Office arbeiten?

Diese Frage können wir wohl nach einem Jahr Pandemie, Lockdown und Home-Office alle selber beantworten (lacht). Ich erachte es als die grösste Herausforderung, die vertrauensbasierte Arbeitsplatzkultur im Home-Office weiter zu pflegen. Wenn wir zusammen am gleichen Ort sind, passiert sehr vieles automatisch. An der Kaffeemaschine spricht man über das vergangene Wochenende, auf dem Flur gibt man der Kollegin noch rasch eine Information weiter. Das stärkt Beziehungen und sorgt für gegenseitiges Vertrauen. Im Home-Office ist die Kommunikation meist auf die Traktanden in den Online-Meetings reduziert.

Wie kann man die Unternehmenskultur im Homeoffice pflegen? 

Dies ist sehr individuell. Man muss sich zuerst bewusst sein, welche Kultur man eigentlich hat bzw. möchte. Anschliessend geht es darum, diese Werte ins Home Office zu übertragen. Wie kann ich zum Beispiel auf Distanz Wertschätzung zeigen? Wie habe ich weiterhin ein offenes Ohr für die Anliegen meiner Mitarbeitenden? Wie stelle ich sicher, dass meine Führungskräfte nicht in einen digitalen Kontrollmodus verfallen, weil sie ihr Team nicht mehr um sich herum haben? Hier gibt es kein Patentrezept, aber Raum für kreative Lösungen.
Ganz generell ist es wichtig, Raum für spontane Kommunikation und ungezwungenen Austausch zu schaffen. Viele Organisationen führen virtuelle Kaffeepausen durch, auch Online-Spiele als Teamevents sehen wir häufig. Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass wir nicht noch mehr Zeit vor dem Bildschirm verbringen, sondern dass wir die Mitarbeitenden motivieren, regelmässig an die frische Luft zu gehen und sich zu bewegen.

Wie erhalten/pflegen Sie die Moral und psychische Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden?

Wir haben schon vor der Pandemie viel remote gearbeitet und waren uns digitale Kollaboration gewohnt. Insofern war für uns die Umstellung nicht ganz so dramatisch wie für viele andere Organisationen. Während der Pandemie haben wir mit verschiedenen Formaten experimentiert, von virtuellen Kaffeepausen bis zu gemeinsamen Online-Workouts. Bewährt haben sich Check-in-Runden bei Team-Meetings, wo jede/r Mitarbeitende einfach erzählt, wie es ihm/ihr gerade geht und was ihn/sie beschäftigt. Weiter haben wir die Abmachung, dass wir keine Back-to-Back Meetings machen, so dass wir genügend Zeit für Pausen haben. Das beste Feedback haben wir aber erhalten, als wir den Mitarbeitenden zur Versüssung des Home-Offices eine Schokoladenbox nach Hause schickten (lacht). 

Michel Wiederkehr, Sie sind seit drei Jahren Corporate Services Director bei Trianon. Welchen Herausforderungen musste sich Trianon während der verschiedenen Lockdowns stellen und wie hat sie sie gemeistert?

Bei Trianon waren wir bereits vor der Covid-19-Krise mit dem Homeoffice gut vertraut gewesen. Nach der Ankündigung des Lockdowns mussten wir daher nur wenige Massnahmen umsetzen. Die erste Sorge war, dass unser IT-System dem plötzlichen Mehr an Mitarbeitenden im Homeoffice nicht gewachsen sein könnte. Die ausgezeichneten Reaktionszeiten des Systems liessen uns aber schnell aufatmen. Ausserdem haben wir erfasst, welches IT-Material unsere Mitarbeitenden brauchen, um unter guten Bedingungen von zu Hause aus arbeiten zu können, und haben es auch schnell für sie organisiert. 
Die Kommunikation war ebenfalls ein wichtiger Punkt. Wir haben unsere Mitarbeitenden proaktiv und regelmässig über E-Mails und Intranet-News, aber auch über Videobotschaften von unserem CEO informiert, um unsere Nachrichten je nach Entwicklung der Lage optimal zu überbringen. 
Die grösste Herausforderung war aber, das Teamgefühl trotz Distanz aufrechtzuerhalten. Zahlreiche virtuelle Kaffeepausen wurden organisiert, um den Mitarbeitenden zu ermöglichen, in Kontakt zu bleiben und sich über anderes als die Arbeit zu unterhalten. Unserem Führungspersonal haben wir eine Online-Weiterbildung «Führung auf Distanz» angeboten. Dazu haben wir mit einem externen Unternehmen zusammengearbeitet, um unsere Kader zu unterstützen und ihnen die Mittel zu geben, mit dieser neuen Situation, die bestimmt noch einige Monate andauern wird, zurechtzukommen.

Welche Vorteile bietet Trianon ihren Mitarbeitenden?

Wir bieten eine ausgezeichnete Infrastruktur und topaktuelle IT-Hardware, damit wir unter besten Voraussetzungen arbeiten können. Unsere Mitarbeitenden geniessen grosse zeitliche Flexibilität: Als im ersten Lockdown die Schulen geschlossen hatten, haben wir ihnen die nötige Zeit zur Betreuung ihrer Kinder gegeben.  Diese Massnahme, die von unseren Mitarbeitenden sehr geschätzt wurde, hat ihnen ermöglicht, Berufs- und Privatleben in dieser Ausnahmezeit bestmöglich zu vereinen.
Wir haben im Übrigen gerade die Initiative «Homeoffice-Kit» gestartet: Jeder und jede Mitarbeitende kann IT-Hardware um bis zu CHF 500.– bestellen, um die Ausstattung im Homeoffice zu ergänzen, damit auch zu Hause alle nötigen Hilfsmittel zur Verfügung stehen.

Trianon hat 2020 zahlreiche neue Mitarbeitenden aufgenommen. Wie hat ihr Einstieg ins Unternehmen ausgesehen?

Ihre Eingliederung hat sehr gut funktioniert, aber natürlich Anpassungen in unseren Onboarding-Prozessen erfordert, da auch sie zur Gänze im Homeoffice stattgefunden haben. Das ist eine echte Herausforderung für neue Mitarbeitende, eine Stelle anzutreten, ohne die Kolleginnen und Kollegen persönlich kennenlernen zu können. Daher haben wir ein halbtägiges Online-Treffen mit der Direktion eingeführt, um ihnen die Strategie von Trianon sowie die Aufgaben jeder Abteilung näherzubringen. Das Feedback war durchwegs positiv. 

Herr Mollet, was halten Sie von den Massnahmen von Trianon?

Trianon hat sehr vieles richtig gemacht. Einerseits haben Sie dafür gesorgt, dass die Mitarbeitenden überhaupt die richtige Ausrüstung haben, um von zuhause arbeiten zu können. Andererseits haben Sie die Kommunikation aufrechterhalten und sogar intensiviert. Wichtig war auch, die Führungskräfte in dieser neuen Situation aktiv zu unterstützen. Dass man den Mitarbeitenden mit Kindern die benötigte Zeit zur Verfügung stellte, zeugt von grosser Wertschätzung.

Welchen Rat würden Sie Unternehmen geben, um auch im Home-Office ein Great Place to Work zu bleiben oder zu werden?

Wir sehen deutlich, dass diejenigen Organisationen, welche vor der Pandemie ein grossartiger Arbeitgeber waren, ihre Mitarbeiterzufriedenheit auf hohem Niveau halten konnten. Diese haben es geschafft, zentrale Werte wie Glaubwürdigkeit, Respekt und Fairness in ein Remote-Setup zu transferieren. Versetzen Sie sich in die Lage Ihrer Mitarbeitenden und überlegen Sie, was diese benötigen, um auch zuhause ihr volles Potential entfalten zu können. Welche Steine können Sie ihnen aus dem Weg räumen, wo benötigen sie zusätzliche Unterstützung? Stellen Sie sicher, dass die Sinnhaftigkeit hoch bleibt, und nicht zuletzt, dass der Teamgeist weiterhin gelebt wird.