24 November 2020

Interview JT International AG - Frau Grottoli, Diversity & Inclusion Manager

JT International AG (JTI) ist seit vielen Jahren Kunde von Trianon SA, insbesondere im Bereich Payroll & HR Administration Services und stellt den gleichen Lohn für seine Mitarbeiter in den Mittelpunkt seines Interesses. Wir wollten daher wissen, wie eine so große Gruppe die Gleichstellung der Geschlechter innerhalb ihrer Organisation handhabt.

Guten Tag, Frau Grottoli. Welche Funktion und Verantwortlichkeit haben Sie bei der JT International AG? 

Guten Tag, Herr Zwahlen. Ich arbeite seit vier Jahren im Bereich Human Resources bei der JTI. Derzeit bin ich für den administrativen Support der Departemente «Diversity & Inclusion» und «Global Rewards» verantwortlich. 

 

Am 1. Juli 2020 ist die Änderung des Gleichstellungsgesetzes zur besseren Durchsetzung der Lohngleichheit in Kraft getreten. Welche Massnahmen hat JTI aufgrund der neuen Reglementierung getroffen? 

Unternehmen mit 100 oder mehr Angestellten sind seit dem 1. Juli 2020 verpflichtet, eine Lohngleichheitsanalyse durchzuführen. Es ist ausserordentlich wichtig, dass grosse Unternehmen wie JTI wirksame Initiativen ergreifen, um gegen die Lohnschere zwischen den Geschlechtern vorzugehen.

JTI hat schon 2018, also noch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes, die Zertifizierung der Equal Salary Foundation erhalten. Wir praktizieren einheitliche Gleichbehandlungsregeln für alle Arbeitnehmenden, indem wir allen die gleichen Karrierechancen und Männern und Frauen dieselben Lohnbedingungen anbieten. Mit der Zertifizierung haben wir die Anforderungen des neuen Bundesgesetzes über die Gleichstellung der Geschlechter schon vorzeitig erfüllt. Den Mitarbeiterinnen und Mittarbeitern ein gesundes und sicheres Arbeitsumfeld zu bieten, in dem sie sich wohl fühlen und sich darauf verlassen können, dass allen dieselben Bedingungen vorgeschlagen werden, war uns wichtig – schon bevor dies zur Pflicht erklärt worden ist. 

Damit einhergehend haben wir in diesem Jahr auch unsere neue globale Politik für einen Urlaub aus familiären Gründen lanciert. Ab dem 1. Januar 2021 können unsere Mitarbeitenden während 20 Wochen bezahlten Urlaub beziehen, wenn sie Eltern werden – sei es durch eine Geburt, eine Adoption oder eine Leihmutterschaft, und zwar unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung.



Welches sind die grössten Herausforderungen, die bei dieser Einführung gemeistert werden mussten?

Es reicht nicht, dass man sein Engagement für die Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern mit aller Überzeugung kundtut, sondern wir müssen den Praxisbeweis erbringen. 
Es handelt sich um einen kontinuierlichen Prozess, der regelmässige Kontrollen erfordert. Es braucht statistische Lohnanalysen, eine strukturierte Vergütungspolitik und geregelte HR-Prozesse. Ausserdem muss die Wahrnehmung der Arbeitnehmenden in den Blick genommen werden. In einem Zertifizierungsverfahren müssen Belegschaft und Geschäftsleitung einbezogen werden, was durch Erhebungen und Befragungen erfolgt. Die spezifische Wahrnehmung der Arbeitnehmenden und die betrieblichen Massnahmen müssen erhoben, geteilt und überprüft werden.

 

Welche Herausforderungen waren auf Ebene der Datensammlung und Datengovernance in der Analysephase zu meistern?

JTI konnte sich für diese Analysen auf robuste IT-Reportingsysteme abstützen und auf diese Weise verlässliche Daten erheben. So konnten wir unsere Daten nach Massgabe der Messkriterien, die wir zuvor festgelegt hatten, extrahieren. 

 

Welche Unterstützung haben Sie von der Geschäftsleitung des Unternehmens erhalten? 

Unsere Geschäftsleitung ist stark für die Grundsätze der Lohngleichheit engagiert. Das zeigt sich auf verschiedenen Ebenen: Zum Beispiel ist in unserem Verhaltenskodex festgeschrieben, dass wir Diskriminierung auf der Grundlage von Geschlecht, Alter, Religion, Behinderung, sexueller Orientierung, Familienstand, ethnischer Herkunft oder nationaler Abstammung weder akzeptieren noch dulden.

Wir wenden die Unternehmenspolitik der Gruppe JTI für die Menschenrechte an. Menschenrechte sind universelle Standards, die für jeden und jede gelten, an welchem Ort dieses Planeten auch immer man sich befindet. Diese Charta umfasst Themen wie Chancengleichheit, internationale Arbeitsnormen, freie Meinungsäusserung oder Privatleben.

 

Die JTI hat über 44'000 Mitarbeitende und ist in 81 Ländern tätig. Wie gehen Sie in einer Unternehmung dieses Massstabs mit der Lohngleichheit um? 

Unsere Politik der Lohngleichheit macht nicht an der Schweizer Grenze halt; sie gilt für die Gesamtheit unserer Arbeitnehmenden weltweit. Wir arbeiten derzeit daran, eine globale Zertifizierung zu erhalten, als Bestätigung für unser Handeln zugunsten der 44'000 Beschäftigten von JTI.

 

Die Geschlechtergleichstellung wird zwar oft auch von den Medien aufgegriffen, ist aber nur ein Element unter vielen in Ihrer HR-Strategie, respektive Ihrer Strategie im Rahmen von «Diversity & Inclusion». Welche Bedeutung kommt der Lohngleichheit in Ihrer HR-Strategie zu? 

Sie ist essenziell. Sie macht es möglich, dass wir in unserer Organisation eine Vertrauenskultur etablieren, und sie ist ein gewichtiger Pluspunkt in der Rekrutierung unserer künftigen Talente. Vielfalt im Unternehmen darf nicht als Option gesehen werden. Vielfalt willkommen zu heissen und besser zu integrieren sind klare Wettbewerbsvorteile.

 

Am Ihrem Unternehmenssitz in Genf kommen Mitarbeitende aus verschiedenen Weltgegenden zusammen. Beziehen Sie diese Vielfalt bei den Überlegungen zum Vorgehen für die Implementierung der Lohngleichheit mit ein?

Die Vielfalt der Kulturen ist eine Chance und bei JTI ist für alle Kulturen Platz. Lohngleichheit ist weder an einen Pass noch an eine Herkunft gebunden. Sie gilt für alle.

 

Was raten Sie einem Unternehmen, das sich für die Lohngleichheit einsetzen will?

Eine gute Vorbereitung ist sowohl auf Ebene der Daten als auch der nötigen Dokumentation unabdingbar.  Ausserdem muss man im Einklang mit den eingegangenen Verpflichtungen handeln können und Prozesse einführen, die es erlauben, Evaluationen vorzunehmen und den Nachweis für die Lohngleichheit im Unternehmen zu erbringen. 


Wie wird die Lohngleichheit Ihrer Meinung nach in 10 Jahren aussehen?

Es ist zu hoffen, dass in 10 Jahren nicht mehr nur das Gesetz zu einem Wandel bei den Unternehmen führt. Entscheidend für die Lohngleichheit sind die Sitten und Gebräuche, und entscheidend ist, was als richtig und falsch erachtet wird. 


Vielen Dank, sehr geehrte Frau Grottoli, für dieses Interview und für die Zeit, die Sie unserem Gespräch gewidmet haben.

Patrick Zwahlen
HR Services Director